Sehr anspruchsvoll war die Produktion der Sondermarke zu 2 Schilling „Weihnachten“ vom 26. November 1971 (MiNr. 1370 / ANK 1409). Das Miniaturbild von Albrecht Dürer „Der Jesusknabe als Erlöser“ stammt aus dem Wiener Museum Albertina. Die Albertina besitzt nach Angaben fast 140 Zeichnungen aus Dürers Schaffen als wertvollsten Schatz, der seit dem Tod des Meisters 1528 als geschlossene Sammlung erhalten blieb.
Die Darstellung des Jesusknaben, der die Weltkugel wie einen Spielball in den Händen hält, ist 1493 während Dürers Gesellenwanderung entstanden. Das Motiv verrät eine Entstehung im Gebiet des Oberrheins, wo es insbesondere in der Druckgrafik verbreitet war. Das Bild wurde als Miniatur-Tempera in Deckfarben im Format 11,8 x 9,3 cm auf Pergament gemalt und mit Partien des Heiligenscheins und des Reichsapfels in Gold gehöht.
Dürer in zehn Versionen
Die Umsetzung als Postwertzeichen im „Dürer-Jahr“ entstand in sechs verschiedenen Farbtönungen einschließlich Gold sowie vier Kombinationen im Stichtief- und Rastertiefdruck der österreichischen Staatsdruckerei. Dies dokumentiert die gesamte Reihe der zehn Phasendrucke. (Zuschlagpreis 360 Euro, Merkurphila)
Phasendrucke wirken wie Fehldrucke von mehrfarbigen ungezähnten Briefmarken. In gewisser Weise sind sie es auch, denn es fehlen ihnen zumeist einzelne Farben aus den unterschiedlichen Druckgängen. Doch sie sind vorsätzlich entstanden, nicht durch ein Versehen oder technisches Versagen. Die abschließende Endphase bildet eine Kombination aller Farben und lässt sich in der Regel nicht von einer ungezähnten Marke unterscheiden; sie wird im allgemeinen am höchsten geschätzt. (aus Marktschau in Deutsche Briefmarken Zeitung 26/2022 von Michael Burzan)
Die Dürer-Kollektion der Albertina ist unter anderen hier vertreten :
Seit Jahren als Entwurf gespeichert war ein Beitrag zum 80. Geburtstag von Hermann Nitsch am 29. August 2018. Durch die Teilnahme als Musiker an seinem großen 3-Tage-Spiel im Sommer 1984 ist mir die persönliche Begegnung mit dem Universalkünstler und Meister des Wiener Aktionismus besonders in Erinnerung geblieben. Nun hat sich der Maler der „Schüttbilder“ und Dramaturg großer Inszenierungen, ausgehend vom Orgien-Mysterien-Theater, am 18. April 2022 aus weltlichen Sphären verabschiedet. Sein Werk wird ihn lange überdauern.
Wo mögen die Fotos aus meinem Archiv aus jenen Tagen geblieben sein, die ich einst dem Magazin „Der Spiegel“ zur Veröffentlichung angeboten hatte? Es bleiben Erinnerungen an einen Monat mit Proben auf dem Nitsch-Schloss Prinzendorf, Schlafen auf Heuböden, Sonnengruß zum Sonnenaufgang instrumentiert von pianissimo bis fortissimo, Trauben stampfen, Kellergewölbe erleuchten, Bauernwein ad libitum, nackte Akteur*innen blutübergossen an Kreuzen und zu Pferd, und dazu immer wieder der „Schuhplattler“ mit der Streichergruppe von Punks und Amateuren. Als das 3-Tage-(und-Nächte-)Spiel mit Publikum endete und als Höhepunkt ein Panzer in den Schlosshof rollte, wurde er von Teilnehmern mit weißen Nelken beworfen – sehr zum Missfallen des Künstlers, der das in seiner Partitur nicht vorgesehen hatte… (Michael Burzan)
Die originalen, mit Blut oder Farbe getränlten Unikate im Großformat aus dem Lebenswerk von Hermann Nitsch werden für viele Liebhaber kaum noch erschwinglich sein. Wenig Einsatz erfordert der Briefmarkenblock 37 von Österreich, den der Künstler für Folge XXXIII der Reihe „Moderne Kunst in Österreich“ schuf.
Die Staatsdruckerei reproduzierte die Grafik als Kombination aus schwarzem Stichtiefdruck und farbigem Rasteriefdruck in 500 000 Exemplaren im Format 60 x 80 mm, ausgegeben am 25. Mai 2007 zur Eröffnung des Nitsch Museum in Mistelbach.
DAS NITSCH MUSEUM TRAUERT UM HERMANN NITSCH
„das sein kennt keinen anfang und kein ende. es ist das ewige und unendliche. es füllt die leere von ewigkeit und unendlichkeit. das sein hat den gedanken an unendlichkeit und ewigkeit entworfen und geboren.“ (Hermann Nitsch)
Vor 75 Jahren: Die letzten Briefmarken und Raritäten der Deutschen Reichspost entstanden in Wien.
Letzte reguläre Ausgabe des Deutschen Reichs: „Volkssturm“ als Ersttag vom 3. Februar 1945.
Ab Februar 1945 hatte die letzte regulär ausgegebene Zuschlags-Sondermarke „Volkssturm“ zu 12+8 Pfennig im Dritten Reich noch viele Postschalter erreicht. Ein einheitlicher Ersttag von MiNr. 908 lässt sich aber nicht nachweisen. Sie wurde vom Reichspostministerium im Amtsblatt 10/1945 am 30. Januar 1945 angekündigt. Vermutlich bezog ein Großkunde in Lorch dieses Postwertzeichen direkt von der Reichsdruckerei aus Wien und ließ etliche Kartenbriefe mit Tagesstempel vom 3.2.1945 versehen, heute mindestens 100 Euro wert.
Die eilige Herstellung dieser Ausgabe spiegelt sich in einer Vielzahl an kleinen Fehlern im Rastertiefdruck. Doch auch Normalmarken dieser letzten Ausgabe des Deutschen Reichs, die im Postbetrieb flächendeckend zur Verwendung kam, sollten auf Belegen nicht unterschätzt werden. Zu zweistelligen Beträgen bieten sie einen angemessenen Abschluss dieses Sammelgebiets.
Lokaler Handstempel von Löbau (Dr. Fischer); lokaler Aufdruck Leoben (Stilus).
Restbestände der Marke kamen mit verschiedenen lokalen Überdrucken zur Verwendung. Als Österreich Lokalausgabe Graz mit „Panther“-Wappenaufdruck wurde die Volkssturmmarke auf einem Brief vom 17.V.1945 der Gemälde- und Skulpturensammlung am Joanneum verwendet, mit dem Bahnhofspostamts-Entwerter Graz 2 (Dokumentarentwicklung) von 120 auf 220 Euro gesteigert (Dorotheum).
SA und SS – Die Allerletzten
Als letzte Ausgabe des Deutschen Reiches führen Kataloge und Vordruckalben die beiden Werte zu 12 + 38 Pfennig mit propagandistischen Szenen von Parteiorganisationen. Auf MiNr. 909 zeigte der Frankfurter Grafiker René Ahrlé (1893-1976) einen SA-Mann in Uniform der Sturmabteilung mit Fackel. MiNr. 910 entstand nach einem Entwurf von Erich Meerwald (1895-1973), im Vordergrund ein Mitglied der Waffen-SS mit Stahlhelm, Patronengurt und Maschinengewehr („Hitlersäge“) neben einem Fahnenträger.
Waren diese Marken für den 56. Geburtstag von Adolf Hitler am 20. April 1945 vorgesehen? Bis heute streiten sich Experten, wieweit diese Werte tatsächlich noch inmitten des Kriegsgeschehens von der Wiener Druckerei ausgeliefert, an Postschalter verteilt, ausgegeben und gebraucht werden konnten – als Deutschland bereits kurz vor dem Zusammenbruch stand und die Rote Armee Berlin bereits fest umklammert hatte. Wer wollte sich noch zwischen Bombenhagel und Granaten aus Luftschutzkellern wagen, um eine Neuerscheinung zu erwerben, vielleicht zu verschicken?
Heute sind postfrische Sätze gezähnt oder geschnitten ausreichend auf dem Markt verfügbar. Bei Gebrauchten verstellte die Vielzahl an rückdatierten und falschen Stempeln jahrzehntelang den Blick, als „Gefälligkeitsstempel“ deklariert. Echt Gebrauchte sollten in den 80ern und 90er je 600 Mark wert sein; 2001 lag eine Michelbewertung von 1200 Euro pro echt gestempeltes Stück vor. Doch wer nicht bis zu vierstellige Beträge riskieren will, sollte besser auf den verständlichen Wunsch verzichten, diese Ausgabe in gebrauchter Erhaltung zu besitzen. Denn weder gestempelt noch auf Belegen wird diese Ausgabe seit einiger Zeit durch Experten des BPP bestätigt. Darauf weist der Michel Deutschland-Spezialkatalog als Fußnote hin: „Bei Marken in gebrauchter Erhaltung (gestempelt, Brief) handelt es sich vermutlich ausschließlich um rückdatierte Abstempelungen aus den Nachkriegsjahren. Es erfolgt keine BPP-Prüfung.“ Zur Diskussion sollte das Buch von Wolf-Dieter Röpke „Handbuch SA/SS-Briefe vom April 1945“ beitragen, das 2010 bei der Forschungsgemeinschaft Berlin erschien.
Wiener Probedrucke zu 16 000 Euro
Als Indiz für nennenswerte Restbestände, die nach Kriegsende noch in Wien lagerten, kann man eine spannende Offerte bei der Felzmann Frühjahrs-Auktion 2020 werten. Hier gab es zwei unterschiedliche Aufdruckproben zur zweiten Wiener Aushilfsausgabe auf den beiden letzten Marken des untergegangenen III. Reiches, MiNr. 909 SA und 910 SS. Mit „ÖSTERREICH“ in unterschiedlichen Typen, Wertangabe „12 Pf.“ und Balken sollten die alten Bezeichnungen schwarz überdruckt werden. Doch die verbleibenden Bildteile mit NS-Symbolen ließen eine solche Ausgabe wohl kaum vertretbar erscheinen. Die Losbeschreibung konstatierte: „Werden diese größten Raritäten aus den frühen Tagen der jungen 2. Republik schon einzeln kaum einmal angeboten, dürfte dieses Satz-Angebot wohl einmalig sein, zumal Verbandsprüfer Rüdiger Soecknick in seinem aktuellen BPP-Attest zum SA-Mann-Überdruck betont ‚… das erste mir bis dato bekannte Stück.“ Mit minimalen Anhaftungen **/* in tadelloser Gesamterhaltung wurden 16 000 Euro erwartet.
Unverausgabte NSKK und NFSK bis 46 000 Euro
Dass die Reihe der Parteiformationen ursprünglich mit vier Motiven geplant war, belegen wenige erhaltene Vorlagekartons der Wiener Staatsdruckerei. Sie tragen neben MiNr. 909-910 auch zwei nicht verausgabte Wertstufen zu 12 + 38 Pfennig in gezähnter Form. Eine Darstellung „N.S.K.K.“ ist dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps gewidmet, mit drei Männern unterschiedlichen Alters vor einem Panzer (MiNr. X). Das andere Motiv „NSFK“ zeigt links unten das Abzeichen des Nationalsozialistischen Fliegerkorps und Segelflugzeuge, als MiNr. XI geführt.
Lose Stücke wurden von solchen Vorlagekartons abgelöst und haben ohne Gummierung inzwischen Bewertungen von je 24 000 Michel-Euro erreicht! 1970 notierten sie noch jeweils 500 Mark, 1980 schon 12 000 pro Stück, 1990 je 30 000 Mark, 2001 je 14 000 Euro. Das Auktionshaus Schlegel eröffnete seine Sonderauktion „Exklusivitäten der Philatelie“ 2018 mit den beiden Exemplaren NSKK und NSFK jeweils auf einem „Solokarton“ und berichtete dazu: „In dieser Form dienten die Vorlagen als sogenannte ‚Informations-Präsente‘. Angefertigt wurden diese Stücke für die Archive vom Reichspropaganda-Ministerium. Derartige ‚Präsentations-Vorlagen‘ erhielten auch die dem Thema entsprechenden Parteiformationen als Archivmaterial. Bereits am 30. Januar 1945 war das Erscheinen dieser beiden Motive amtlich angekündigt worden, in der chaotischen Untergangsphase des 3. Reiches war eine Herstellung nicht mehr möglich.“ Von den Probedrucken der nicht mehr zur Ausgabe gelangten Motive sollen insgesamt nur 16 Sätze bekannt sein, gemäß Informationen des Experten Wolfgang Jakubek. 46 000 Euro wurden für das Paar dieser „Solokartons“ bewilligt! Ein weiteres Duo der beiden nicht mehr zur Ausgabe gelangten Werte NSKK und NSFK zu je 12+38 Pfennig, MiNr. X und XI des Dritten Reichs kam bei Kirstein-Larisch in München zur Versteigerung. Beide befanden sich jeweils auf einem amtlichen Vorlagekarton von 1945; der Zuschlag erfolgte attestestiert zu 39 500 Euro.
Michael Burzan (überarbeitet nach Briefmarken-Spiegel, Markt-Spiegel Mai 2020)
Hinweis gemäß §86 und §86a Strafgesetzbuch
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