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Ein Trendgebiet, das unter anderem durch den „Bitcoin-Boom“ der jüngsten Zeit Schlagzeilen gemacht hat, sind „Krypto-Briefmarken“. Der Begriff „Krypto“, ursprünglich altgriechisch für „geheim“, geht auf die Verwendung von Verschlüsselungs-Techniken zurück. Zur Legende wurde die Chiffriermaschine „Enigma“ (Rätsel), die im Zweiten Weltkrieg vom deutschen Militär eingesetzt wurde.
Man kann solche Kryptomarken zum einen traditionell im Album sammeln, ohne die Möglichkeiten zu nutzen, die sie durch ihre Code-Verbindungen ins Internet bieten. Wie Beispiele zeigen, lassen sie sich durchaus auf Postsendungen verwenden. Doch ihre Extras schaffen besondere Reize für eine neue Sammlerschaft, die sich bisher wohl wenig mit Briefmarken befasst haben.

Eine heftige Spekulationswelle hat Österreichs Post mit ihren Krypto-Marken entfacht. Die Nummer 1 mit dem Symbol „Einhorn“ vom 11. Juni 2019 kostete 6,90 Euro. Der linke Teil mit QR-Code ist als Briefmarke gedacht. Die rechte Hälfte bietet eine Art Glücksspiel. Wer die Deckschicht der beiden Rubbelfelder entfernt, sieht zwei Kombinationen aus Zahlen und Buchstaben. Hat man im Fotohandy einen QR-Scanner installiert, kommt man durch die Codes auf Internetseiten, in denen ein virtuelles Bild der Marke erscheint und für den Besitzer eingetragen werden kann. Durch die „Blockchain-Technologie“ der Ethereum-Plattform soll dieser „Token“ als digitaler Zwilling dauerhaft nachweisbar sein. Im Nutzerkonto (wallet) stehen zudem pro Marke ETH 0,001666666 der Krypto-Währung Ether zu Verfügung, die man als Transaktionsgebühr beim Verkauf nutzen kann.

Das Sammelfieber angeheizt hat ein Pyramidensystem: die Auflage von 150 000 Stück verteilte sich auf fünf unterschiedlich häufige virtuelle Farben, die sich nur online mit Hilfe des aufgedruckten Codes aus Buchstaben und Nummern ermitteln lassen. Die auf der Marke nicht sichtbare „Farbe“ gibt es am häufigsten in Schwarz (78 500) und Grün (40 000), seltener Blau (20 000) und Gelb (10 000). Nur 1500 Stück wurden der Farbe Rot zugeordnet, somit das Spitzenstück der Ausgabe MiNr. 3470.

Innerhalb weniger Tage entwickelte sich ein überhitzter Markt im Internet. Ende Juni 2019 fand sich sogar schon ein „Traumpreis“ von einer Million Euro für ein komplettes Fünfer-Set auf der Ebay-Plattform! Mehrfach hat der Autor Versteigerungen beobachtet, die für die „Rote“ fünfstellige Ergebnisse brachten, bevor die Kurse wieder vereinzelt unter 1000 Euro zurückfielen. Für ein Normalstück (schwarz) setzt der Michel-Katalog derzeit 100 Euro an.

Weitere „Glücksspiele“ ermöglichte ein Jahr später die Blockserie Österreichs mit Lama, Panda, Honigdachs und Shiba Inu „Doge“ vom 25. Juni 2020: den 60 000 Blocksätzen Bl. 113–116 konnten mit Hilfe der QR-Codes fünf virtuelle Farben zugeordnet werden, 31 400 schwarz, 16 000 grün, 8000 blau, 4000 gelb und nur 600 rot.

Mit ihrem Coup vom 23. Juli 2020 hat die Post Austria offenbar ein vernünftiges Maß verloren. Das „Goldene Einhorn“ als Crypto stamp 2.0 mit aufgeklebtem 1-Gramm-Goldbarren kostete 500 Euro, nur 500 wurden kurzfristig verkauft, weitere 500 per Los zugeteilt oder als Gewinn verschenkt. Unter MiNr. 3546 verbucht es nun 1200 Euro, während im Internet 900 bis eine Million verlangt werden…

Es hat nicht lange gedauert, bis weitere Postunternehmen sich dem Krypto-Reigen angeschlossen haben. Kroatien folgte zum „Tag der Briefmarke“ am 9.9.2020 mit seiner ersten „Hrvatska Kriptomarka“. Ähnlich wie beim österreichischen System kann man damit nach QR-Matrix und Code fünf verschiedene Motive im Internet finden. Die zweite Ausgabe mit fünf Arten von Postbeförderungen erschien am 15. Dezember 2020.
Bei den Vereinten Nationen war es am 24. November 2020 soweit: drei Blockausgaben mit Kryptobriefmarken für Wien, Genf und New York hatten Premiere, bedruckt mit Bild der Hauptsitze auf Hologrammfolie einschließlich vorgestanzten selbstklebenden Briefmarken (UNO Wien 7 Euro, MiNr. 1100 / Block 61; Genf 8 Franken, 1127 / Bl. 62; New York 7,75 Dollar, 1774 / Bl. 67).
Die Auflage von je 30 000 Blocks verteilt sich gleichmäßig auf 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Wer sie finden will, muss den QR-Codes unter den Rubbelfeldern ins Internet folgen.
Nicht alles zeigen
Eine Empfehlung: Sollten Sie Kryptomarken sammeln, bewahren Sie auch die zugehörigen Faltkarten und Erläuterungen auf. So gehen wichtige Informationen zur Funktionsweise und den Möglichkeiten nicht verloren. Codes, die den Zugang zu einem individuellen Online-Konto öffnen, sollten Sie bei Weitergabe oder Angeboten nicht vollständig erkennbar abbilden. Die UNO warnt ausdrücklich davor, den geheimen Code zur Aktivierung der UN Crypto Stamp (im rechten Rubbelfeld) Dritten zu zeigen oder mitzuteilen.
Es scheint an der Zeit, zur Katalogisierung solcher Krypto-Marken eigene Kategorien zu schaffen. Damit ließe sich zum einen vermeiden, dass klassische Sammelgebiete Schaden nehmen. Und es bietet zum anderen die Chance zur angemessenen Würdigung eines neuen Sammelbereichs, der aktuell eigenen Regeln zu folgen scheint.
Michael Burzan
(Auszug aus: Briefmarken-Spiegel 4/2021)
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